Alle Menschen, die in Deutschland Geld verdienen, müssen grundsätzlich Einkommensteuer bezahlen. Sie wird nach dem verfassungsrechtlichen Prinzip der Leistungsfähigkeit erhoben. Das bedeutet, wer mehr verdient, muss auch einen größeren Teil seines Einkommens als Steuer abgeben. Er ist leistungsfähiger.
Umgesetzt wird dies durch einen progressiven Steuersatz. Die ersten 9.168 Euro bleiben steuerfrei (Grundfreibetrag). Ab einem Einkommen von 9.168 Euro steigt der Grenzsteuersatz stetig. Er wächst von 14 Prozent (Eingangssteuersatz) auf 45 Prozent (Spitzensteuersatz, ab 265.327 Euro).
Der Grenzsteuersatz gibt den Steuersatz wieder, mit dem der nächste Euro des zu versteuernden Einkommens zu versteuern ist. Vereinfacht an einem Beispiel heißt das: Während der 9.168ste Euro noch mit einem Steuersatz von 0 Prozent besteuert wird, wird der 9.169ste Euro mit einem Steuersatz von 14 Prozent belastet.
Der Durchschnittssteuersatz zeigt mit welchem Steuersatz das gesamte Einkommen versteuert wird. Also nicht nur der einzelne Euro, wie beim Grenzsteuersatz, sondern der Gesamtbetrag des zu versteuernden Einkommens. So beträgt der Grenzsteuersatz für den 9.169sten Euro zwar 14 Prozent, für die gesamten 9.169 Euro ergibt sich aber ein Durchschnittssteuersatz von nahezu 0 Prozent.
Von kalter Progression spricht man, wenn Einkommens- und Lohnerhöhungen lediglich die Inflation ausgleichen und es trotz somit unveränderter Leistungsfähigkeit zu einem Anstieg der Durchschnittsbelastung kommt.
Beispiel: Das Preisniveau steigt in einem Jahr um 2 Prozent. Ein Steuerpflichtiger erzielt im gleichen Jahr einen Einkommenszuwachs von ebenfalls 2 Prozent. Real hat sich an seiner wirtschaftlichen Situation nichts geändert. Seine Kaufkraft ist im Vorjahresvergleich konstant. Da er aber ein nominal höheres Einkommen erzielt, steigt seine Durchschnittssteuerbelastung aufgrund des progressiven Tarifs an.
Das deutsche Einkommensteuerrecht sieht vor, dass Ehepaare gemeinsam veranlagt werden. Die Steuerschuld berechnet sich dabei nach dem sog. Splitting-Verfahren: Die Einkommen beider Partner werden zusammen gerechnet und anschließend halbiert („gesplittet“). Diese beiden Einkommenshälften werden jeweils nach dem Tarif versteuert. Aus der Addition der zwei Teilsteuerbeträge errechnet sich dann die Gesamtsteuer.
Das sog. Ehegattensplitting ist immer dann mit Steuerersparnissen verbunden, wenn der Einkommensdifferenz zwischen den Ehepartnern groß ist und ein hohes Einkommen erreicht wird. Der größte Vorteil entsteht, wenn nur ein Partner ein Einkommen erzielt. Verdienen hingegen beide Partner in etwa gleich viel, errechnet sich keine Vergünstigung.
Beispiel: Bei einem zu versteuernden Einkommen von 40.000 Euro fällt bei der Individualbesteuerung eine Steuer in Höhe von 8.569 Euro an, der Durchschnittssteuersatz liegt bei 21,4 %. Ist der Einkommensbezieher verheiratet und erzielt sein Partner kein Einkommen, werden beim Splitting-Tarif zweimal 20.000 Euro versteuert. Die Gesamtsteuerschuld beträgt dann nur 4.828 Euro, denn die jeweils 20.000 Euro werden infolge des progressiven Steuerverlaufs jeweils lediglich mit 2.414 Euro belastet (Durchschnittssteuersatz von 12,1 %).