Ortsnamen im deutschen Sprachraum (wie die meisten Ortsnamen keltisch-germanischer Herkunft) bestehen im Allgemeinen aus einem Grundwort (ursprünglich im Dativ), das meistens mit einem vorangestellten Bestimmungswort näher bestimmt wird. Ortsnamen-Suffixe können (besonders in altertümlichen Ortsnamen) die Stelle von Grundwörtern einnehmen. Da sie keine eigenständige Bedeutung haben, sind sie noch stärker als die Grundwörter der Abschleifung (und gegenseitiger Angleichung) ausgesetzt.
Grundwörter
- -ach, -a, niederdeutsch -aa, -ah: Siedlung an einem Wasserlauf, einer Ache, westfäl. Aa (-ach kann in rheinischen Ortsnamen aber auch auf das gallo-romanische Suffix -acum zurückgehen).
- -au, -aue, niederdt -oog(e), -ohe, -oie oder Dänisch „-aa“: Siedlungen auf Inseln oder am Wasser (beides als Aue), von mittelhochdeutsch ouwa etc. (-au steht in niederdeutschen Namen oft für älteres -a, -aa, in vormals slawischen Gebieten für -ow). Beispiele für -oog: Langeoog, Minsener Oog, Norderoog, Schiermonnikoog, Spiekeroog, Süderoog, Wangerooge.
- -bach, niederdt. -bek(en), -beck, -bke etc.: (Siedlung an einem) Wasserlauf.
- -berg, -bergen, niederdt. -barg, -bargen: Ansiedlung auf einer Anhöhe oder an einem Berg, z. B. Bamberg, Bergrath, Nothberg.
- -beuern, -beuren, -beuron, -birn, niederdt. -büren, -bur(en) etc.: von althochdeutsch bur „kleines Haus“ etc., mittelniederländ. buur „Wohnung“, vgl. Bauer (Vogelkäfig).
- -born, -bronn etc., Brunnen, Quelle, z. B. Paderborn, Eschborn, Quickborn, auch Heilbronn, Born, Brunn.
- -bruch, -broich, niederdt. -brook, brock, -brauk bedeutet Bruch- oder Sumpflandschaft (siehe Erlenbruchwälder in Brandenburg), z. B. Broich, Bärbroich, Grevenbroich „Bruchlandschaft der Grafen“, Broichweiden, Korschenbroich.
- -bruck, -brück, niederdt. -brügge beziehen sich häufig auf eine Ansiedlung mit Gewässerübergang, oft (aber nicht ausschließlich) eine Brücke. Es kann aber auch von altsächsisch „bruggi“ Bergrücken abgeleitet sein.
- -bühl, -bühel, -bihl, -beuel, bairisch -bichel, -pichl: Siedlung auf oder an einem Hügel, einer Anhöhe.
- -büll: Wohnstätte, Siedlung (entspricht dänisch -bøl von altnordisch bu ‘wohnen’), z. B. Niebüll.
- -burg, niederdt., schwed. und dän. -borg: Anhöhe, befestigte Siedlung, in frühmittelalterlichen Namen auch: Stadt (s. u.), z. B. Dahlenburg, Duisburg, Göteborg, Hamburg, Regensburg.
- -büttel, abgeleitet von altsächsisch „(gi)butli“ Siedlung; z. B. Brunsbüttel, Hamburg-Fuhlsbüttel, Oeschebüttel, Wolfenbüttel.
- -by aus dem Dänischen, Dorf, z. B. Barkelsby, Karby; verwandt mit althochdeutsch bur, altnordisch -bu, schwed. -bo und norweg. -bu – an der mittleren Elbe: Ort an der Flussbiegung, z. B. Barby.
- -damm: Endung, in den Niederlanden -dam, in Belgien auch -damme, auf Damm zurückzuführen
- -donk: kleine Anhöhe in der Niederung (niederrheinisch und niederländisch).
- -donn: Siedlung auf einer Düne, z. B. Sankt Michaelisdonn.
- -dorf, -torf, -troff, -druf, niederdt. -dorp, -dörp, -torp, -trop, -trup, dän. -torf, -torp, -trup, vgl. engl. -thorp: (bäuerliche) Siedlung allgemein. Während der deutschen Kolonisierung der vormals slawischen Gebiete ostwärts der Elbe (siehe Deutsche Ostsiedlung) wurden neu gegründete Siedlungen oft nach dem Dorfvorsteher benannt, z. B. Hartmannsdorf (= Dorf des Hartmann).
- -eck, -egg: eigentlich Ecke, herausragende Anhöhe, Fels, oft auch in Namen von Burgen, Schlössern, befestigten Anlagen.
- -feld, -felde: (ursprünglich) unbewaldete Fläche, z. B. Bielefeld.
- -fels: eine Ortschaft auf oder an einem Felsen, z. B. Fels am Wagram, insbesondere zu einer hochmittelalterliche Felsenburg, z. B. Fiels.
- -fehn: aus dem niederdeutschen Fehn/Veen, Moor; hier sogenannte Moorkolonien mit Kanälen im nordwestlichen Niedersachsen (Ostfriesland und Oldenburgerland), z. B. Großefehn, Augustfehn.
- -fleth: niederdt., zu mittelniederdt. vlēt, fließendes Gewässer, z. B. Bahrenfleth, Beidenfleth, Borsfleth, Dammfleth, Elsfleth, Wewelsfleth.
- -furt, -furth, -fürth, niederdt. -ford, -fort, -vörde etc.: Siedlung an einer Furt, z. B. Bremervörde, Erfurt, Frankfurt, Klagenfurt, Ochsenfurt, Schweinfurt, Steinfurt.
- -gast: östlich von Elbe und Saale meistens aus slawisch -goszcz, z. B. Wolgast.
- -gericht: (historische) Gerichtsstätte (vgl. etwa Freigericht oder Linsengericht; letztere Bedeutung kann auch auf ein „Lindengericht“ zurückgeführt werden)
- -gmund, -gmünd: an der Mündung eines Baches oder Flusses, z. B. Gmund, Georgensgmünd; vgl. auch -münde.
- -graben: Siedlung an einem künstlichen Wasserlauf.
- -groden, -grode: niederdeutsch für neu angeschwemmtes Land (insbesondere zur Seeseite des Deichs).
- -hafen, -haven: Hafen, z. B. Bremerhaven, Cuxhaven, Kopenhagen (dänisch: København), Wilhelmshaven.
- -hag(en), -haag, -hain, -han, -hahn etc.: ahd. hagan, mhd. hagen bedeutet ein umhegter Bereich zum Beispiel mit Wall und einer Dornenhecke/Hainbuchenhecke, auch für Landheege/Landwehr/Stadtwehr/Burgwehr in Gebrauch.
- -hall: umstritten (vgl. Halle (Saale)#Ursprung des Namens); vielleicht abgeleitet vom germanischen Wort für Salz.[1]
- -hardt, -hard, -haard(t), -hart(h) etc.: „Bergwald“, „bewaldeter Hang“, z. B. Murrhardt, Spessart („Spechtswald“), Rothaargebirge > gerodetes Waldgebirge.
- -hau: von hauen (roden).
- -hausen, -haus bei den (Wohn-)Häusern, bzw. im Singular (bescheidene) Einzelsiedlung. Ebenso -husen, -huse, -sen, -huus von altnordisch hus Haus oder husa mit Häusern bebauen niederdt. Siedlung.
- -haven: siehe unter -hafen.
- -heim (-en), -ham, -am, niederdt. -hem, -em, -um: Siedlung, Wohnort (vgl. Heimat), z. B. Ingelheim am Rhein, Pilsum.
- -hof bzw. (ursprünglich dativische Pluralform) -hofen, -hoven, -höfen: als Einzelhof oder Gruppe von Gehöften angelegte Siedlung, z. B. Adelshofen, Hülshof, Schophoven.
- -holm: niederdeutsch, dän., schwedisch Insel oder Halbinsel, z. B. Stapelholm, Stockholm.
- -holt: Siedlung am oder im Holz (Wald).
- -horn, -hörn: spitz zulaufendes Geländestück, z. B. Nordhorn, Scharhörn.
- -horst (-host, -ost), -hurst: eine leicht erhöhte Stelle in einem Sumpf, Moor oder einer feuchten Niederung.
- -hoven: siehe unter -hof.
- -hude: Holzlagerplatz/Stapelplatz an einer Wasserverbindung, Fährstelle, Landungsplatz, z. B. Buxtehude, Fischerhude, Flemhude, Harvestehude, Hude, Ritterhude, Steinhude, Winterhude, siehe auch: Hude-Orte.[2]
- -husen: siehe unter -hausen.
- -inghausen (-iehausen, -kausen), -ingheim (-igheim, -ingem), -inghoven (-ikofen, -ikon/-iken), -ingerode (-igerode): Kombinationen aus dem Suffix -ing(en) und den jeweiligen Ortsnamen-Grundwörtern, z. B. Bönnigheim, Lüdinghausen, Harlingerode, Wernigerode, Zollikofen, Zollikon.
- -kapell(en), -kappeln: eine Kapelle, z. B. Westerkappeln.
- –kietz: ehemals slawische Fischersiedlung in der Mark Brandenburg und angrenzenden Gebieten
- -kirch, -kirchen, niederdt. -kark, -kerk(en): Kirchort.
- -lar: von althochdeutsch *hlār(i) „Hürde, Lattenwerk, Gerüst“, z. B. Fritzlar, Goslar, Wetzlar, auch als Simplex: Lahr/Schwarzwald.[3]
- -leben (-legen) (-lehen), (altsächsisch-thüringisch, bayrisch): Lehen, vom Grundherren verlehntes Gut (z. B. Schönleben, Niederlehen), Hinterlassenschaft, zurückgelassener Ort, z. B. Aschersleben, Eisleben, Gardelegen (entspricht dänisch -lev, schwedisch -löv).
- -leiten, -leithen: (Siedlung am) Abhang, Berghang.
- -ley: (am) Fels.
- -loh, -lah, -loch, -loy: Wald, Hain, lichtes Gehölz, z. B. Wechloy.
- -mar: stehendes Gewässer, sumpfiges Quellgebiet, z. B. Geismar, Horstmar.
- -mund, -münde, niederdt. -müde(n), niederländ. -muid(e): an der Mündung eines Baches oder Flusses, z. B. IJmuiden, Müden, Peenemünde, Swinemünde; vgl. auch -gmünd.
- -münster: Mönchskloster (von lateinisch ‚monasterium‘), z. B. Kremsmünster.
- -oog(e): siehe unter -au.
- -rod, -roda, -rodt, -rode, -raht, -rath, -rade, -rüti, -reut(h), -reute, -ried, -ruit, -ray: von „Rodung“, also eine Siedlung im (früheren) Wald, z. B. Bayreuth, Bergrath, Eurode, Hastenrath, Neuenrade, Reutte in Tirol, Röhe, Roetgen, Röthgen; nicht jedoch: Walsrode.
- -rotte: von zusammenrotten, siehe Weiler
- -ruhe: Rückzugsort eines Herrschers, z. B. Karlsruhe, Wilhelmsruh.
- -salt, selt: wahrscheinl. althdt. salida, selida bzw. altsächsisch selitha, altenglisch seld „Haus, Wohnung, Wohnstätte, Unterkunft“.
- -scheid: von Grenze, scheiden, Bestandteil vieler Flurnamen
- -schlag: Zollschlag, Schlagbaum, Grenze, bzw. von schlagen (forstwirtschaftlich Forstschlag, roden).
- -schwand, -schwende, -swende: von Schwenden (einer besonderen Art des Rodens der Bäume), z. B. Alberschwende, Wolpertswende.
- -siefen, -seifen, niederdt. -siepen: mittelhochdeutsch (bzw. mittelniederdeutsch) für enges, feuchtes Bachtal, siehe Siepen.
- -siel: von „Siel“, eine Deichschleuse, z. B. Bensersiel, Greetsiel, Dornumersiel, Hooksiel, Horumersiel.
- -stade: niederdeutsch für Ufer, Gestade, natürlich entstandener Landeplatz für kleinere Schiffe, z. B. Stade, Warstade, siehe auch: Stade-Orte.[4]
- -stadt, -statt, -stätt, -stetten, niederdt. -städt, -stedt, -stede(n):, in Norddeutschland von altnord. „stada“ in schon mittelalterlich überlieferten Ortsnamen (zunächst) lediglich Stätte, Stelle (z. B. Eichstätt Stelle, wo viele Eichen wachsen), erst im 12. Jahrhundert entwickelte sich für mittelhochdeutsch stat, hochdeutsch „-stadt“ die Bedeutung Siedlung mit Marktrecht und Selbstverwaltung (dafür früher burg); auch im 20. Jahrhundert bei Zusammenlegungen von Gemeinden häufig gebraucht, z. B. Diemelstadt, Erftstadt.
- -stein: eine Ortschaft auf oder an einem Felsen, z. B. Warstein, insbesondere zu einer Burg, z. B. Aggstein, Bieberstein, Kufstein.
- -stift: ein Nonnenkloster.
- -sund: eine Meerenge, z. B. Stralsund.
- -tal, -thal, niederdt., dän. -dal: Siedlung im Tal; auch im 20. Jahrhundert bei Zusammenlegungen von Gemeinden häufig gebraucht, z. B. Extertal, Lippetal, Nettetal, Niddatal, Schwalmtal, Wuppertal.
- -torf: aus dem Dänischen Siedlung im Moor, wo Torf gestochen wird, z. B. Rostorf, Nortorf, Gettorf.
- -trop, -trup: siehe unter -dorf.
- -um: friesisch, niedersächsisch für -heim z. B. Beckum, Büsum, Husum, Keitum, Pogum, Rantum.
- -up: aus dem Dänischen -torp, Dorf, z. B. Hurup.
- -walchen: Siedlung romanischen (welschen) Ursprungs.
- -wald, -walde, niederdt., dän. -wohld, -wohle, -wold etc.: Siedlung am oder im Wald.
- -warden: Siedlung auf einer Wurt, z. B. Breddewarden, Eckwarden, Einswarden, Fedderwarden, Golzwarden, Hammelwarden, Langwarden, Sengwarden.
- -weg: am Weg gelegen, Baumschulenweg.
- -weide: an oder bei einer Weide gelegen (wobei hier der Baum oder die Grünfläche gemeint sein kann), Niederschöneweide, Oberschöneweide.
- -weiler, -wei(h)er, -wil, -wy(h)l, -viller: eine Wohnsiedlung, die aus wenigen Gebäuden besteht (vgl. Weiler), von romanisch villāre „Gehöft“ und damit letztlich zu lat. villa „Landhaus“.
- -werder, -werth, niederdeutsch, fries. -warder, -wort(h), -ort, süddeutsch -wört(h): Halbinsel oder inselartige Anhöhe in der Niederung (vgl. Wurt).
- -wies, -wiß: an oder bei einer Wiese gelegen, z. B. Dürwiß.
- -wik, -wig: altnordisch Handelsplatz, niederdeutsch Siedlung (aus altnord. vík), z. B. Schleswig.
- -winkel: etwas unbestimmtes, das mit den Begriffen klein, eng, irgendwo, weit weg, geringwertig bezeichnet werden kann, z. B. Voßwinkel in Verbindung mit einem Tier (hier: niederdeutsch Voßfür Fuchs), aber auch mit Bezug auf eine winkelartige Geländeform.
- -wiß: siehe unter -wies.
- -zell: bezieht sich auf eine Klosterzelle, z. B. Zell, Kirchzell.
Suffixe
- -ach, -ich (-ig), -icht (-igt), oberdeutsch -at, -et, -it, hessisch -es, -is: Kollektivsuffix, das aus Baumnamen Gehölznamen bildet, z. B. Haslach („Haselwald“), Birkig, Buchet, Meiches (1342 zum Eiches).
- -ate, -te, -nit und -net: keltischen Ursprungs, z. B. Adnet (Salzburg).
- -ede, -de, -da, -te, -ta, -t: Kollektivsuffix, das aus örtlichen Gegebenheiten Siedlungsnamen bildet, z. B. Eschede, Apolda (Ort, wo Äpfel wachsen/Apfelbäume stehen vgl. lateinisch arboretum„Baumgarten“ zu arbor „Baum“), Ebnet/Ebnit/Ebnat (zu althochdeutsch ëbanôti „Ebene“); aber auch Substantive aus Verben, z. B. Freude zu freuen, Gebäude zu bauen.
- -ich, -ach in rheinischen Ortsnamen: aus gallo-romanisch -(i)acum, z. B. Jülich, Andernach.
- -in (-en) (wenn endungsbetont): slawisch, z. B. Berlin, Schwerin, Fehrbellin Weidenort.
- -ing, -ingen, -ung, -ungen, friesisch -ens: bildet Siedlungsnamen (eigentlich Einwohnernamen) hauptsächlich aus Personennamen (z. B. Süpplingen, Gauting, Esens, Grauingen), aber auch aus Stellenbezeichnungen (z. B. Wildungen bei den Leuten in der Wildnis).
- -itz, -itsch, -witz, -(sch)ütz: aus slawisch -ic- bzw. -ov-ic-, z. B. Rochlitz, Delitzsch, Doberschütz (1349 Doberschwicz zum altsorbischen Vornamen Dobrš).
- -ow (-au): aus slawisch -ov, z. B. Malchow, Lüchow. Siehe auch: Namen auf -ow
- -s (-z): Genitiv-Endung in elliptischen Ortsnamen; diese bestehen nur aus einem Bestimmungswort (meistens Personenname) im Genitiv, das Grundwort ist ausgelassen oder weggefallen, z. B. in Sterbfritz aus Starcfrides [Huson] (vgl. Familiennamen wie Frings aus Severins [Sohn]); dass auch diese Ortsnamen ursprünglich Dativformen waren, zeigt Merkenfritz aus [ze de]m Erkenfredis.